Der Wille zum Leiden und die Mitleidigen.[ 1 add ]
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– Ist es euch selber zuträglich, vor Allem mitleidige Menschen zu sein?[ 2 add ]
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Und ist es den Leidenden zuträglich, wenn ihr es seid?[ 3 add ]
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Doch lassen wir die erste Frage für einen Augenblick ohne Antwort.[ 4 add ]
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– Das, woran wir am tiefsten und persönlichsten leiden, ist fast allen Anderen unverständlich und unzugänglich: darin sind wir dem Nächsten verborgen, und wenn er mit uns aus Einem Topfe isst.[ 5 add ]
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Überall aber, wo wir als Leidende bemerkt werden, wird unser Leiden flach ausgelegt; es gehört zum Wesen der mitleidigen Affection, dass sie das fremde Leid des eigentlich Persönlichen entkleidet: – unsre "Wohltäter" sind mehr als unsre Feinde die Verkleinerer unsres Wertes und Willens.[ 6 add ]
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Bei den meisten Wohltaten, die Unglücklichen erwiesen werden, liegt etwas Empörendes in der intellectuellen Leichtfertigkeit, mit der da der Mitleidige das Schicksal spielt: er weiss Nichts von der ganzen inneren Folge und Verflechtung, welche Unglück für mich oder für dich heisst![ 7 add ]
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Die gesammte Oekonomie meiner Seele und deren Ausgleichung durch das "Unglück", das Aufbrechen neuer Quellen und Bedürfnisse, das Zuwachsen alter Wunden, das Abstossen ganzer Vergangenheiten – das Alles, was mit dem Unglück verbunden sein kann, kümmert den lieben Mitleidigen nicht: er will helfen und denkt nicht daran, dass es eine persönliche Notwendigkeit des Unglücks gibt, dass mir und dir Schrecken, Entbehrungen, Verarmungen, Mitternächte, Abenteuer, Wagnisse, Fehlgriffe so nötig sind, wie ihr Gegenteil, ja dass, um mich mystisch auszudrücken, der Pfad zum eigenen Himmel immer durch die Wollust der eigenen Hölle geht.[ 8 add ]
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Nein, davon weiss er Nichts: die "Religion des Mitleidens" (oder "das Herz") gebietet, zu helfen, und man glaubt am besten geholfen zu haben, wenn man am schnellsten geholfen hat![ 9 add ]
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